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MLI – neue Grundsätze zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ab Juli 2018

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Dominika Tyczka-Szyda, Daria Walkowiak-Dobner

23. Juli 2018

 

Am 1. Juli 2018 trat ein neues Mehrseitiges Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (engl. Multilateral Instrument to Modify Bilateral Tax Treaties, kurz: MLI) zur Umsetzung der Ziele des BEPS-Projekts (Base Erosion and Profit Shifting) in Kraft, das aggressive Steueroptimierungen auf internationaler Ebene wirksam verhindern soll. Mit dem MLI werden Änderungen der zwischen Polen und einigen Ländern geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen eingeläutet.

 

Das MLI wurde bisher von 78 Rechtssystemen unterzeichnet. Für die Ratifikation haben sich bisher 5 Rechtssysteme entschieden, insbesondere Polen, Österreich, Slowenien, die Insel Man und die Insel Jersey. Bis Ende 2018 läuft noch die Übergangszeit – zum 1. Januar 2019 tritt das MLI vollumfänglich in Kraft.

 

Welche Abkommen betrifft das MLI?


Das MLI ändert das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen nicht automatisch, sondern ist parallel zu den geschlossenen und angemeldeten Abkommen anzuwenden. Bei einer Kollision der Normen genießt das MLI Vorrang. Die Regelungen des MLI können sich auf die steuerlichen Pflichten der polnischen im Ausland agierenden Unternehmer und auf diejenigen der in Polen tätigen ausländischen Unternehmer auswirken. Sie sollen grundsätzlich die Rechtsnormen der einzelnen bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) modifizieren. Damit dies jedoch möglich ist, müssen beide Staaten, die Partei des DBA sind, das Übereinkommen ratifizieren, und das DBA muss von beiden Staaten zur Anwendung im Rahmen des MLI angemeldet worden sein. Polen hat sich bereit erklärt, 78 DBA in den Anwendungsbereich des MLI einzubeziehen.

 

MLI in Polen


Zuerst werden zum 1. Januar 2019 diejenigen DBA geändert, die Polen mit vier anderen ratifizierenden Ländern – d.h. mit Österreich, der Insel Man, der Insel Jersey und mit Slowenien – geschlossen hat. Werden weitere Staaten das MLI ratifizieren, so wird es sukzessiv auf sonstige DBA angewandt. Bisher hat Polen das mit Deutschland geschlossene DBA nicht für die Zwecke des MLI angemeldet. Die Vereinigten Staaten haben das Übereinkommen wiederum überhaupt nicht unterschrieben, deshalb wird es auf das mit den USA geschlossene DBA keine Anwendung finden.

 

Die 7 wichtigsten Prämissen des MLI


Die Bestimmungen des MLI sind gegen die Politik einer aggressiven Steuerplanung gerichtet und sollen es ermöglichen, zu ermitteln, wo der Mehrwert des jeweiligen Unternehmens tatsächlich erzielt wird. Zu den wichtigsten Prämissen des MLI gehören:

 

1. Grundsätze für die Gewinnausschüttung 


Abhängigmachung der Inanspruchnahme der Befreiung bzw. des Ausschlusses von der Besteuerung der Dividenden von der Voraussetzung, dass Anteile, Aktien, Stimm- und ähnliche Rechte an der die Dividende ausschüttenden Gesellschaft mindestens 365 Tage gehalten werden.


Polen hat sich vorbehalten, das MLI insoweit nicht anzuwenden, als die Voraussetzung der Mindesthaltedauer für die Anteile bereits in den DBA enthalten ist (dies trifft z.B. auf die DBA zwischen Polen und Belgien, Zypern, Dänemark und Malta zu).

 

2. Unbewegliches Vermögen 


Diese Klausel legt die Grundsätze zur Besteuerung der Anteile an der Gesellschaft fest, sofern der Wert ihres Vermögens überwiegend auf unbeweglichem Vermögen beruht. Das MLI führt einen bestimmten Zeitrahmen ein (365 Tage), welcher der Veräußerung der gehaltenen Anteile vorausgehen muss;, außerdem erweitert sie die Definition des Begriffs „Einnahmen aus Anteilen und Aktien“ um Einnahmen aus anderen, vergleichbaren Rechten aus den Anteilen an einer Gesellschaft.


Polen hat seine Absicht bekundet, das MLI anzuwenden – sofern alle Parteien der angemeldeten DBA sich ebenfalls entscheiden, sie anzuwenden und dieselben Bestimmungen in den DBA angeben.

 

3. Switch-over-Klausel 


Anstelle der Freistellung unter Progressionsvorbehalt soll die Anrechnungsmethode eingeführt werden. Bei der Freistellung unter Progressionsvorbehalt werden die im Ausland erzielten Einkünfte in Polen von der Steuer befreit und beeinflussen lediglich die Höhe des Steuersatzes, der auf die in Polen erzielten Einkünfte angewandt wird. Die Anrechnungsmethode  hat zur Folge, dass die im Ausland erzielten Einkünfte in Polen besteuert werden, wobei eine Doppelbesteuerung dadurch vermieden wird, dass die in Polen zu zahlende Steuer um die Steuer reduziert werden kann, die im Ausland auf dort erzielte Einkünfte gezahlt wurde.


Die Anwendung der zweiten Methode führt gewöhnlich zu einer höheren Steuer, aber durch die Vergünstigung aufgrund von Art. 27g EStG-PL kann der Differenzbetrag, der sich aus der Anwendung der zwei o.g. Methoden ergibt, von der Steuer abgezogen werden. In der Praxis führt das dazu, dass Personen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in Polen haben, aber im Ausland arbeiten, verpflichtet sind, Jahressteuererklärungen über die von ihnen im Ausland erzielten Einkünfte abzugeben, jedoch wird sich die Steuerlast natürlicher Personen hierdurch nicht erhöhen.

 

Das MLI sieht für die Einführung dieser Klausel in die DBA drei Optionen (A, B oder C) vor. Polen hat sich für die Option C entschieden, was bedeutet, dass die bisher angewandte Methode nicht automatisch durch die Anrechnungsmethode wird ersetzt werden können. In dieser Situation wird eine Stellungnahme des zweiten Vertragsstaates notwendig sein. Stimmt dieser Vertragsstaat der Anwendung von Option C nicht zu, so wird auch Polen diese Option nicht anwenden können.

 

4. Einschränkung des Missbrauchs von hybriden Gestaltungen 


Das MLI besagt Folgendes: Kann der betreffende Rechtsträger (mit Ausnahme natürlicher Personen) nach dem DBA als steuerlicher Gebietsansässiger von mehr als einem Staat eingestuft werden, so müssen die Parteien dieses DBA sich darüber verständigen, welchem Staat dieser Steuerpflichtige für die Zwecke des betreffenden DBA als steuerlicher Gebietsansässiger zuzuordnen ist. Kommt eine solche Verständigung nicht zustande, so kann der betroffene Rechtsträger die sich aus dem DBA ergebenden Vorteile nicht in Anspruch nehmen. Berücksichtigt werden müssen auch der Ort, an dem sich die Geschäftsführung tatsächlich aufhält, der Ort, an dem der Sitz des betreffenden Rechtsträgers registriert ist sowie andere wesentliche Faktoren.


Polen hat eine Liste von Abkommen angemeldet, welche Bestimmungen darüber enthalten, wie die steuerliche Ansässigkeit einer Person zu bestimmen ist, die nicht zu den natürlichen Personen gehört. Haben die Vertragsstaaten dieselben Bestimmungen zum DBA angemeldet, so legen sie in gegenseitigem Einvernehmen fest, in welchem Staat der betreffende Rechtsträger als steuerlicher Gebietsansässiger gelten soll. Die Grundsätze zur Ermittlung der steuerlichen Ansässigkeit natürlicher Personen bleiben unverändert.

 

5. PPT-Klausel (engl. principal purpose test)


Diese Klausel gibt den Behörden die Möglichkeit, Transaktionen (Vereinbarungen) mit einem ausländischen Unternehmen dadurch in Frage zu stellen, dass sie die Zuerkennung von Vorteilen aufgrund des DBA in Bezug auf die Einnahmen/das Kapital verweigern. Bedingung dafür, dass eine Transaktion in Frage gestellt werden kann, ist, dass ihr einziger Zweck die Erzielung von Steuervorteilen war.


Indem Polen das MLI unterschrieb, erklärte es sich bereit, die neue generelle PPT-Klausel in die von ihm abgeschlossenen DBA aufzunehmen.

 

6. Vorteilsbegrenzungsklausel (engl. limitation of benefits, LOB)


Aufgrund dieser Klausel können die Staaten die Gewährung von Steuervorteilen von der Erfüllung zusätzlicher Bedingungen – z.B. in Bezug auf die Rechtsform, Eigentumsstruktur oder die ausgeübte Tätigkeit – abhängig machen.


Polen hat sich vorbehalten, dass es in bilateralen Verhandlungen danach streben wird, die LOB-Klausel in die einzelnen DBA aufzunehmen.

 

7. Verständigungsverfahren 


Dieses Verfahren verpflichtet die Vertragsstaaten, Maßnahmen zur Vermeidung einer dem abgeschlossenen DBA widersprechenden Besteuerung zu ergreifen.


Polen hat sich hinsichtlich der DBA mit Indonesien, Katar, Kuweit, dem Libanon und Italien vorbehalten, dass der Zeitraum für die Anmeldung einer Besteuerung, die dem jeweiligen DBA widerspricht, kürzer sein wird als der in dem MLI vorgesehene Zeitraum, der drei Jahre beträgt.

 

Mindeststandard


Die meisten Bestimmungen des MLI sind freiwillig anzuwenden. Die Parteien dieses Übereinkommens sind jedoch verpflichtet, auf die angemeldeten DBA die sogen. Mindeststandards anzuwenden, die in den Art. 6, 7 und 16 MLI definiert sind und zu denen Folgendes gehört:


  •  Bestreben, die Ziele der DBA zu erreichen, welche in der Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie in der Vorbeugung gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung bestehen;
  • Anwendung von Missbrauchsklauseln, die der Erzielung von Vermögensvorteilen entgegenwirken sollen (in der Praxis werden dies die Klauseln PPT und LOB sein);
  • Anwendung der Vorschriften über die Beilegung von Streitigkeiten (sogen. Verständigungsverfahren).


Besteuerung ausländischer Betriebsstätten aufgrund des MLI


Im Hinblick auf die Fragen, die in der Maßnahme 7 des BEPS-Projekts genannt sind, betrifft das MLI auch die Vermeidung der künstlichen Umgehung der Entstehung einer Betriebsstätte. Die Bestimmungen in dem Dokument sehen Folgendes vor:

 

  • Einführung von Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung über die Zurechnung der Einkünfte einer in einem Drittstaat gelegenen Betriebsstätte (Art. 10);
  • Erweiterung der Definition des abhängigen Vertreters (Art. 12);
  • Vorbeugung einer künstlichen Aufteilung von Geschäftsvorfällen (Art. 13).


Vorbeugung einer künstlichen Aufteilung von Verträgen (bei Bau- und Installationsarbeiten) zur Vermeidung des Zeitraums, nach dessen Überschreitung eine Betriebsstätte entsteht (Art. 14). In Art. 15 des Übereinkommen wurde auch eine Definition der mit einem Unternehmen eng verbundenen Person eingeführt.

 

Polen behielt sich das Recht vor, die Vorschriften des MLI über die Betriebsstätte nicht anzuwenden – diese werden im Rahmen bilateraler Verhandlungen der einzelnen DBA abgestimmt.

 

Die Bestimmungen des MLI werden bedeutende Auswirkungen für internationale Unternehmen haben. Wir empfehlen Ihnen die laufende Beobachtung der Änderungen der einzelnen DBA und die Analyse der Steuerabrechnungen, die aufgrund von geänderten DBA vorgenommen werden. Zuerst sollten die Verhältnisse mit den Ländern wie Österreich, die Insel Man, die Jersey Insel und Slowenien analysiert werden.

 

Sollten Sie Fragen oder Zweifel hinsichtlich der Anforderungen haben, welche durch die Ratifizierung des MLI durch Polen eingeführt werden, so stehen Ihnen die Experten von Rödl & Partner in den Büros in Breslau, Gleiwitz, Danzig, Krakau, Posen und Warschau gerne zur Verfügung.

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