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Entsendung von Arbeitnehmern aus der EU nach Polen – ein Leitfaden für Unternehmer (Teil 2)

PrintMailRate-it

​​​​​​Małgorzata Kolasa-Dorosz und Jakub Szachniewicz

19. November 2024


Im ersten Teil unseres Leitfadens haben wir die rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmern aus der EU nach Polen erörtert. Nun wir werden uns auf die steuerlichen Aspekte konzentrieren: die Besteuerung des Einkommens des Arbeitnehmers, Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträge.​





Besteuerung des Einkommens eines entsandten Arbeitnehmers


Ausgangspunkt für die Ermittlung der steuerlichen Folgen einer Entsendung ist die sog. steuerliche Ansässigkeit des Arbeitnehmers, d.h. das Land, in dem er seinen Wohnsitz hat und das für die Zwecke der Einkommensteuer herangezogen wird. Es ist zu ermitteln, ob sich durch die Entsendung des Arbeitnehmers seine Ansässigkeit ändert (z.B. von der deutschen in die polnische).

Nach dem polnischen Einkommensteuergesetz gelten Personen, die mindestens eine der zwei folgenden Voraussetzungen erfüllen, als Gebietsansässige:

  • Lebensmittelpunkt: der Mittelpunkt ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Interessen ist Polen;
  • Aufenthaltsdauer: sie halten sich in Polen länger als 183 Tage im Jahr auf.

Die Gesetzgebungen der meisten Länder sehen ähnliche Vorschriften vor. Es kommt häufig vor, dass eine Person nach den lokalen Steuervorschriften in mehr als einem Land gleichzeitig als ansässig gilt. In solchen Fällen ist das einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden, das Kriterien zur Lösung eines solchen Konflikts vorsieht und es ermöglicht, dass eine Person als nur in einem Land ansässig betrachtet wird.

Die wichtigsten Kriterien für die Lösung von Ansässigkeitskonflikten sind:
  • der ständige Wohnsitz und
  • persönliche und wirtschaftliche Beziehungen. 

Beispielsweise sieht das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Polen Folgendes vor: 

„Eine Person gilt als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen)“.

Mithilfe der o.g. Kriterien lässt sich ein Ansässigkeitskonflikt in den meisten Fällen zweifelsfrei lösen. Falls nicht, muss auf weitere in den Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehene Kriterien Bezug genommen werden, nämlich auf das Kriterium des gewöhnlichen Aufenthalts und das Kriterium der Staatsangehörigkeit.

In den allermeisten Fällen führt die Entsendung eines Arbeitnehmers zu keiner Änderung der steuerlichen Ansässigkeit. Eine solche Änderung kann jedoch z.B. im Falle einer langfristigen Entsendung in Verbindung mit dem Umzug der unmittelbaren Familienangehörigen des Arbeitnehmers auftreten.

Bei einer Verlegung der steuerlichen Ansässigkeit nach Polen ist der entsandte Arbeitnehmer in Polen unbeschränkt steuerpflichtig, d.h. sein Einkommen wird grundsätzlich in Polen besteuert (vorbehaltlich der in Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Ausnahmen).

Wichtig ist, dass eine solche Änderung ausschließlich „für die Zukunft“ wirksam ist. Dies bedeutet Folgendes: Ändert sich die Ansässigkeit, so hat dies keinen Einfluss auf vergangene Abrechnungszeiträume.

BEISPIEL

Ein Arbeitnehmer wurde im Februar nach Polen entsandt. Zu Beginn der Entsendung hatte er nicht die Absicht, sich dauerhaft in Polen niederzulassen: Er wohnte in einer von seinem Arbeitgeber gemieteten Wohnung, und die Familie des Arbeitnehmers – weiterhin in seinem Herkunftsland. Im Laufe der Zeit änderte der Arbeitnehmer seine Pläne: Im Juli mietete er selbst eine Wohnung auf unbestimmte Zeit und holte seine Familie auf Dauer ins Land.

In einer solchen Situation kann es zu einer Änderung der Ansässigkeit kommen. Wenn dies geschieht, wird das Steuerjahr des Arbeitnehmers in zwei Teile aufgeteilt – den Zeitraum vor der Änderung und den Zeitraum nach der Änderung der Ansässigkeit. Die vor der Änderung der Ansässigkeit erzielten Einkünfte werden nach den für Gebietsfremde geltenden Grundsätzen und die nach der Änderung erzielten Einkünfte – nach den Grundsätzen für Gebietsansässige besteuert.

Arbeitnehmer, die ihre Ansässigkeit nicht ändern Auch hier ist auf das Doppelbesteuerungsabkommen Bezug zu nehmen, und zwar auf den Artikel, der den Ort der Besteuerung des Arbeitseinkommens regelt (in der Regel Artikel 15). Nach dem Standardwortlaut des Doppelbesteuerungsabkommens werden Einkünfte aus unselbständiger Arbeit in dem Land besteuert, in dem die Arbeit ausgeübt wird (d.h. im Zielstaat). Ausnahmsweise kann die Arbeit im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert werden, wenn folgende drei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

  • Aufenthaltsdauer: der Arbeitnehmer hält sich im Zielstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahrs beginnt oder endet, auf (sog. 183-Tage-Klausel);
  • wirtschaftlicher Arbeitgeber: die Vergütung wird von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Zielstaat ansässig ist;
  • keine Zuordnung der Vergütung zu einer Betriebsstätte: die Vergütung wird nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen, die der Arbeitgeber im Zielstaat hat.

Ältere Doppelbesteuerungsabkommen sahen eine einfachere Version der ersten Voraussetzung vor, wonach das Einkommen im Ansässigkeitsstaat besteuert werden konnte, wenn sich der Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage im Kalenderjahr im Zielstaat aufhielt. Diese Vorschriften wurden jedoch manchmal missbraucht: Arbeitgeber konnten Arbeitnehmer zum Jahreswechsel auf Dienstreisen schicken, z.B. für zwei Reisen von jeweils 100 Tagen. Die neue Fassung ist daher „wasserdicht“ und verlangt von den Arbeitgebern, die Anzahl der Entsendungstage genau zu verfolgen.

Die Voraussetzung des wirtschaftlichen Arbeitgebers ist nur scheinbar einfach. Nach der Rechtsprechung und der Fachliteratur geht es bei ihr darum, dass der Arbeitgeber aus dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers die Arbeit des Arbeitnehmers tatsächlich leitet, von der Leistung des Arbeitnehmers profitiert, die Haftung für den Arbeitnehmer übernimmt und die wirtschaftliche Last seiner Vergütung trägt. Daher ist Folgendes immer zu überprüfen:

  • Wer hat das Recht, dem Arbeitnehmer Weisungen zu erteilen?
  • Wer legt die Urlaubs- und Arbeitszeiten des Arbeitnehmers fest?
  • Wer übt die Kontrolle aus und ist für den Ort, an dem die Arbeit geleistet wird, verantwortlich?
  • Stellt der formale Arbeitgeber die Vergütung des Arbeitnehmers unmittelbar demjenigen Unternehmen in Rechnung, zu dessen Gunsten die Leistungen erbracht werden?
  • Wer ermittelt die Anzahl und die Qualifikationen der die Arbeit leistenden Arbeitnehmer?
  • Wem steht das Recht zu, Disziplinarstrafen i.Z.m. der Arbeit des Arbeitnehmers zu verhängen?
  • Wer hat das Recht zur Kontrolle seiner Arbeit?
  • Wer ist für die Auszahlung der Vergütung und die Gewährung von Urlaub zuständig?
  • Wer überlässt dem Arbeitnehmer Werkzeuge und Materialien für die Arbeitsleistung?

Die Übertragung dieser Rechte und Pflichten auf den Unternehmer im Zielstaat (im vorliegenden Beispiel: auf ein Unternehmen in Polen) kann dazu führen, dass die Voraussetzung nicht erfüllt sein wird und die für die Entsendungszeit geschuldete Vergütung in Polen besteuert wird.

Die dritte Voraussetzung bezieht sich auf Betriebsstätten, d.h. feste Geschäftseinrichtungen, durch die ein ausländisches Unternehmen die Tätigkeit in Polen ausübt (z.B. eine Geschäftsstelle, eine Produktionsstätte oder ein Lager, aber auch langfristige Bauausführungen oder Montagearbeiten). Die Entstehung einer Betriebsstätte ist häufig die Folge der Gründung einer Niederlassung eines Unternehmers in Polen, obwohl dies keine notwendige Voraussetzung ist. Nach den Vorschriften eines standardmäßigen Doppelbesteuerungsabkommens sind einer Niederlassung die Kosten zuzurechnen, die ihr als selbstständigem Unternehmen entstehen würden. Gehört die Vergütung des Arbeitnehmers zu diesen Kosten, so wird sie im Zielstaat besteuert.

Zusammenfassend ist Folgendes festzustellen:

  • Wenn der entsandte Arbeitnehmer in Polen steuerlich ansässig wird, wird sein gesamtes Einkommen (auch aus ausländischen Quellen) in Polen besteuert.
  • Andernfalls (ohne Änderung der Ansässigkeit) werden in Polen nur die Einkünfte des Arbeitnehmers aus der in Polen geleisteten Arbeit besteuert.
  • Die Einkünfte aus in Polen geleisteter Arbeit können ausn​ahmsweise im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, wenn die Voraussetzungen aus dem zwischen Polen und dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen erfüllt sind (183-Tage-Klausel).

Einkommensteuervorauszahlungen


Aus Sicht des Arbeitgebers ist die wichtigste Frage nach wie vor diejenige nach den Vorauszahlungen, die jeden Monat auf das Einkommen des Arbeitnehmers geleistet werden müssen. Unter normalen Umständen (d.h. bei einem inländischen Unternehmer mit lokalen Arbeitnehmern) ist der Arbeitgeber als Arbeitsbetrieb verpflichtet, die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer seiner Arbeitnehmer abzuführen (Art. 32 Abs. 1 EStG-PL). Anders verhält es sich bei ausländischen Unternehmern und entsandten Arbeitnehmern.

Zunächst ist zu prüfen, ob das Einkommen des Arbeitnehmers in Polen besteuert wird, und zwar anhand der im vorigen Kapitel dargelegten Vorgaben. Nur dann ist die Frage nach den Vorauszahlungen überhaupt zu erwägen.

In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber als Arbeitsbetrieb und Einkommensteuerzahler gemäß Art. 32 Abs. 1 EStG-PL eingestuft wird. Dies ist meistens dann der Fall, wenn der Arbeitgeber in Polen eine Betriebsstätte hat oder eine Niederlassung unterhält.

Die Antworten auf die obigen Fragen sind dafür ausschlaggebend, welche Vorschriften Anwendung finden und welche Pflichten auf dem entsendenden Arbeitgeber lasten.

Einkommensteuervorauszahlungen

Sozialversicherungsbeiträge

Die Frage der Sozialversicherungsbeiträge ist separat von der Frage der Besteuerung des Einkommens der Arbeitnehmer zu betrachten. Die Unterschiede beginnen bereits bei der Bestimmung der einschlägigen Rechtsakte – während für Steuerzwecke das Einkommensteuergesetz (EStG-PL) und die Doppelbesteuerungsabkommen angewandt werden, finden im Zusammenhang mit der Sozialversicherung folgende Rechtsakte Anwendung:

  • Gesetz über das Sozialversicherungssystem vom 13. Oktober 1998 (Dz. U. Jahrgang 2024, Pos. 497 m.Ä.);
  • Koordinierungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) – im Falle von Arbeitnehmern aus der EU;
  • Abkommen zwischen Polen und dem Herkunftsland des Arbeitnehmers – im Falle sonstiger Arbeitnehmer (wenn ein entsprechendes Abkommen geschlossen wurde).

Gemäß den Rechtsakten ist es häufig möglich, dass ein Arbeitnehmer in seinem bisherigen Sozialversicherungssystem verbleibt, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. In der Praxis bedeutet dies, dass z.B. auf die Vergütung eines nach Polen entsandten deutschen Arbeitnehmers keine polnischen Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge erhoben werden müssen, sondern die deutschen Beiträge. Dies ist natürlich eine große Erleichterung für Arbeitgeber, die normalerweise nicht in Polen tätig sind.

Das Dokument, das die Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zu einem bestimmten Sozialversicherungssystem in der Europäischen Union bescheinigt, ist die A1-Bescheinigung. Diese Bescheinigungen werden von den lokalen Sozialversicherungsbehörden ausgestellt (in Polen ist dies die ZUS). 

Zu den Pflichten eines Arbeitgebers, der Arbeitnehmer nach Polen entsendet, gehören daher:

  1. Ermittlung, ob auf die einzelnen Arbeitnehmer die EU-Vorschriften oder die Vorschriften internationaler Abkommen anzuwenden sind;
  2. Überprüfung, ob die entsandten Arbeitnehmer die Voraussetzungen für ihren Verbleib im bisherigen Sozialversicherungssystem erfüllen:
  • falls ja – Beantragung der A1-Bescheinigung zur Bestätigung dieses Umstands;
  • falls nicht – Registrierung in Polen als Zahler von Sozial- und Krankenversicherungsbeiträgen und Erhebung der entsprechenden Beträge auf die Vergütungen der entsandten Arbeitnehmer.

Die Vorschriften ermöglichen die Übertragung der Pflichten des Zahlers der Sozialversicherungsbeiträge von dem Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer auf der Grundlage einer besonderen Vereinbarung.

Entsendung eines Arbeitnehmers aus der EU nach Polen – vertrauen Sie den Experten


Die Entsendung von Arbeitnehmern nach Polen erfordert sorgfältige Vorbereitung und die Beachtung einer Vielzahl von Formalitäten auf polnischer Seite. Die Nichtbeachtung dieser Regeln kann für den Arbeitgeber negative Folgen nach sich ziehen, die von einem Streit mit dem Arbeitnehmer bis hin zu finanziellen Sanktionen reichen können. 

Schreiben Sie uns – wir beantworten gerne Ihre Fragen zur Entsendung und bieten Ihnen umfassende Unterstützung. Wir bieten Rechts- und Steuerberatung ​an und können demzufolge in den für Sie ausgearbeiteten Lösungen nicht nur die rechtlichen, sondern auch die steuerlichen Aspekte der Entsendung sowie die Folgen im Bereich der Sozialversicherung berücksichtigen. Wir bieten auch Unterstützung im Zielstaat.


Rechtsgrundlage:
  1. Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen; 
  2. Gesetz über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom 10. Juni 2016;
  3. Arbeitsgesetzbuch vom 26. Juni 1974;
  4. Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Abl. der EU. L Jahrgang 2009, Nr. 284, Seite 1, m.Ä.);
  5. Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Abl. der EU. L Jahrgang 2004, Nr. 166, Seite 1, m.Ä.);
  6. Einkommensteuergesetz vom 26. Juli 1991 (konsolidierte Fassung Dz. U. [poln. GBl.] Jahrgang 2024, Pos. 226 m.Ä.);
  7. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, unterzeichnet in Berlin am 14. Mai 2003 (Dz.U. Jahrgang 2005, Nr. 12, Pos. 90).

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Klaudia Kamińska-Kiempa

Attorney at law (Polen)

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