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Richtlinie über die zweite Chance – Wesen und Zeitpunkt der Implementierung

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​Alicja Szyrner

30. Januar 2023


Die Frist für die Einführung der Vorschriften, die das Restrukturierungsverfahren novellieren sollen, ist am 17. Juli 2022 abgelaufen, und der Entwurf des entsprechenden polnischen Gesetzes befindet sich immer noch in der Phase der Begutachtung.

Bereits jetzt ist davon die Rede, dass die polnischen Unternehmer, denen die Möglichkeit genommen wurde, die Werkzeuge zu nutzen, die durch die Richtlinie über die zweite Chance bereitgestellt werden, den Fiskus auf Schadensersatz verklagen werden.

Zweite Chance für Unternehmer


Die Richtlinie über die zweite Chance [1] soll den Unternehmen helfen, wieder rentabel zu werden, auch durch die Entschuldung von Unternehmern.  Zahlungsunfähigen Unternehmern soll der Zugang zu mindestens einer Art von Verfahren gewährleistet werden, das zu einer vollständigen Entschuldung führen kann.

Die Richtlinie soll dazu beitragen, dass die Unternehmen in einer frühen Phase ihrer Finanzprobleme eine wirksame Restrukturierung durchführen und so Zahlungsunfähigkeit vermeiden.  Die Richtlinie ist in den Mitgliedsstaaten nicht unmittelbar anwendbar, sondern muss von jedem Staat in seine Rechtsordnung implementiert werden.

Grundsätzlich hätte die Richtlinie bis zum 17. Juli 2022 in die polnische Rechtsordnung implementiert werden müssen. Tatsächlich wurde der Gesetzesentwurf erst am 4. Juli 2022 auf der Internetseite der Regierungszentrale für Gesetzgebung veröffentlicht. Einstweilen warten wir darauf, dass der Justizminister zu den Anmerkungen, die im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zu dem Gesetzentwurf gemacht wurden, Stellung nimmt.

Gegenwärtige Rechtslage


Gegenwärtig kann ein Schuldner zwischen vier Arten der Restrukturierung wählen:

  • Vergleichsgenehmigungsverfahren, das hauptsächlich außergerichtlich stattfindet – der Vergleich kann durch selbstständige Einholung der Stimmen der Gläubiger geschlossen werden;
  • Reguläres Planverfahren und beschleunigtes Planverfahren, das teilweisen Schutz vor einer Zwangsvollstreckung bietet (Verbot der Einleitung neuer Verfahren und Aussetzung von Zwangsvollstreckungsverfahren bezüglich Forderungen, die kraft Gesetzes Gegenstand des Vergleichs sind);
  • Sanierungsverfahren, das zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners führen und ihn wieder in die Lage versetzen soll, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Die Richtlinie über die zweite Chance erfordert eine Ausgliederung der präventiven Restrukturierung, die sowohl für zahlungsunfähige als für von Zahlungsunfähigkeit bedrohte Unternehmer vorgesehen ist. Das Sanierungsverfahren soll ausschließlich bei zahlungsunfähigen Unternehmern angewandt werden.
Somit soll es nach Inkrafttreten der Gesetzesnovelle drei Hauptarten von Verfahren geben:

  • Insolvenzverfahren (das zur Liquidation des Unternehmens führt);
  • Restrukturierung durch Sanierung;
  • Präventive Restrukturierung, deren Ziel die Gesundung des Unternehmens und die Vermeidung der Insolvenz sein soll.

Prämissen des Entwurfs


  1. Unterscheidung zwischen präventiven Restrukturierungsverfahren (Vergleichsgenehmigungsverfahren, beschleunigtes Planverfahren und Planverfahren)  und Sanierungsverfahren.
  2. Vereinfachung des Verfahrens zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Restrukturierungsverfahrens für Kleinstunternehmer (Verzicht auf die detaillierte Beschreibung des Unternehmens und seiner Produktionskapazitäten sowie auf die Beschreibung von Methoden und Quellen der Finanzierung).
  3. Erfordernis, in dem Antrag den Einfluss des Restrukturierungsverfahrens auf den Beschäftigungsstand im Unternehmen des Schuldners anzugeben, die Arbeitnehmervertreter über mögliche Folgen des Verfahrens zu informieren und sie zu konsultieren.
  4. Neue Grundsätze der Aufteilung der Gläubiger in getrennte Interessengruppen.
  5. Annahme eines Vergleichs gegen den Willen einer Gruppe von Gläubigern im Rahmen des Cramdown-Mechanismus, d.h. wenn der Restrukturierungsplan das Kriterium des bestmöglichen Schutzes der Gläubigerinteressen erfüllt.
  6. Test der Forderungsbefriedigung - er ermöglicht es den Gläubigern, die Begründetheit eines Vergleichsabschlusses in Frage zu stellen, und erlaubt es gleichzeitig dem Schuldner, bei Gericht die Durchsetzung des Vergleichs entgegen dem Willen einer Gruppe von Gläubigern zu beantragen.
  7. Die Rolle des Aufsehers und des Verwalters soll auch darin bestehen, die Aushandlung des Vergleichs zu unterstützen und dadurch die Interessen sowohl des Gläubigers als auch der Schuldner zu wahren.
  8. Einen Antrag auf Änderung des Vergleichsaufsehers, den der Schuldner in dem Vergleichsgenehmigungsverfahren ausgewählt hatte, werden Gläubiger stellen können, die zusammen mehr als 50 Prozent der Forderungen besitzen.
  9. Die Genehmigung des Vergleichs soll vom Aufseher bzw. Verwalter erklärt werden (und nicht, wie bisher, vom Insolvenzrichter [polnisch: sędzia-komisarz]), der der gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
  10. Möglichkeit des Abschlusses eines Liquidationsvergleichs, in dessen Rahmen es zu einem Verkauf der Vermögensbestandteile des Schuldners kommen wird, der dieselben Folgen wie ein Zwangsvollstreckungsverkauf haben wird.
  11. Effektivere Gestaltung des Verfahrens der Vergleichsgenehmigung durch Beschränkung des Erfordernisses der Festsetzung eines Verhandlungstermins auf Fälle, in denen dies durch den Schutz der berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten begründet ist.
  12. Eröffnung der Möglichkeit zur Vornahme von Änderungen am Vergleich durch das Restrukturierungsgericht – gegenwärtig hat das Gericht nicht die Möglichkeit, in den Vergleich einzugreifen, es kann ihn lediglich genehmigen oder ablehnen, was das Verfahren verlängert.
  13. Forderungen, die mit Hypotheken oder Pfändern besichert sind, sollen bedingungslos unter den Vergleich fallen, ohne dass es hierzu der Zustimmung des Gläubigers bedarf.
  14. Schutz des Schuldners vor Zwangsvollstreckung in dem Zeitraum zwischen der Annahme des Vergleichs und dem Abschluss des Restrukturierungsverfahrens.
  15. Ausdehnung des Schutzes des Schuldners vor einer Änderung oder Kündigung von Verträgen, die  für das vom Schuldner geführte Unternehmen von grundlegender Bedeutung sind, durch die Gläubiger.
  16. Eröffnung der Möglichkeit für den Gläubiger, einen Antrag auf Eröffnung des Sanierungsverfahrens über Organisationseinheiten ohne Rechtspersönlichkeit (z.B. offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften) zu stellen.
  17. Einführung des Grundsatzes, dass der Schuldner das Unternehmen während des Restrukturierungsverfahrens vollumfänglich weiter verwaltet (eine Beschränkung der Verwaltung durch den Schuldner auf den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb kann ausschließlich durch einen Gerichtsbeschluss angeordnet werden).

Die Berater von Rödl & Partner helfen Ihnen dabei, sich gut auf das Restrukturierungsverfahren vorzubereiten und so das beabsichtigte Ergebnis – d.h. die Entschuldung – zu erzielen. Wir unterstützen ebenfalls die Gläubiger bei der Eintreibung ihrer Forderungen.


Rechtsgrundlage:
[1] Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) 

Kontakt

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Alicja Szyrner

Attorney at law (Polen)

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